Das befristete kostenlose Nutzungsrecht an Grund und Boden
Grundstücke sind nur begrenzt verfügbar: Erdoberfläche abzüglich Weltmeere, Binnengewässer, unerschlossene Gebiete, Naturschutzgebiete. Diese sollten der Bevölkerung im Rahmen von Rechtsbeziehungen, und nicht abhängig von der Kaufkraft, zur Verfügung stehen (kein Spekulationsobjekt). Die Zuteilung kann durch Gemeindekommissionen, aufgrund eines Bodenzuteilungsgesetzes, erfolgen. Nutzer erhalten ein befristetes Recht (nicht mehr Grundeigentum) an einer Parzelle (heute als Baurecht bekannt). Bodennutzungsrechte-Inhaber können idealerweise Wohn(bau)genossenschaften sein. Diese bieten Sicherheit gegenüber Investoren und Kapitalgebern. Hypotheken entfallen, weil der Boden durch das befristete Verfügungsrecht keinen Preis mehr hat.
Nutzer zahlen kein Entgelt in Form einer Bodenrente (beispielsweise Baurechtszins), weil das befristete Bodennutzungsrecht ohne finanzielle Gegenleistung übertragen wird. Der derzeitig übliche Eigenkapital- oder Baurechtszins auf den Bodenwert entfällt und damit auch die Wertsteigerung und die Bodenspekulation.
Beispiel «Produktion» (Industrie, Gewerbe, Handwerk): Ein Unternehmer, eine Assoziation (Produzent, Händler, Konsument) erhält das Recht zur Nutzung einer Parzelle durch die Zuteilungskommission. Gegen den Entscheid gibt es Rechtsmittel (Korruptionstendenzen sind zu bekämpfen).
Beispiel «Investor» (Wohn(bau)genossenschaft, Stiftungen): Ein Initiant erhält das Nutzungsrecht einer Parzelle, bebaut diese und vermietet sie (stellt sie einem Nutzer zur Verfügung). Eigentum an Häusern und Wohnungen gibt es so nicht mehr, keine vererbbaren, aber einseitig unkündbare Dauermietverträge (maximal auf Lebenszeit, heute als Wohnrecht bekannt).
Passende Stichworte dafür sind: gerecht, ausgewogen, verhältnismässig (also nicht mehr wie heute oft: unverhältnismässig).
Wohnen: Bei der Kostenmiete kann der Teil, der ein Drittel (1/3) des Einkommens übersteigt, individuell aus Mietenausgleichsfonds (heute bekannt als Solifonds) übernommen werden. Solche Mietenausgleichsfonds werden aus freiwilligen Zuschlägen zur Kostenmiete durch Vermieter und Mieter gespiesen.
Produktion: Die Gesamtmiete enthält die Kosten der Investition – diese ist abhängig von der Lebensdauer – sowie die Kosten der Finanzierung.
Vom Grundeigentum zum Allgemeineigentum: Die öffentliche Hand und gemeinnützige Institutionen, die sich verpflichten, die Parzellen nicht weiterzuverkaufen, kaufen stetig Immobilien und ermöglichen die Nutzung gemäss obiger Beschreibung.
Der Ertrag aus der natürlichen Produktivität von Grund und Boden – im Sinne der Grundrente – ermöglicht durch gesetzlich geregelte Abgaben (Steuern) die Teilfinanzierung kultureller, gesellschaftlicher und sozialer Aufgaben (Bildung, Alter, Krankheit).
Stiftung Confoedera.ch
Stiftung Edith Maryon
Wohnbaugenossenschaft Sophie Stinde
In der Ökonomie kennt man zwei Begriffe – oft wird auch gar nicht differenziert – rund um das Bodenrecht: Die Grundrente und die Bodenrente.
Unter Grundrente wird meist der Ertrag aus Grund und Boden verstanden, der auf der natürlichen Produktivität des Bodens beruht. Hier wird zwischen erneuerbarer Produktivität (Fruchtbarkeit) und nicht erneuerbarer Produktivität unterschieden (Bodenschätze).
Unter Bodenrente wird in neuerer Zeit der Ertrag verstanden, der auf Grundeigentum (ohne Arbeitsleistung) beruht (Kapitalzins, Baurechtszins, Wertsteigerung des Bodens aufgrund von Angebot und Nachfrage). Die Folge dieses «Ertrags» ist bekannt: Immobilien werden abgerissen und neu gebaut, oder aufwändig renoviert. Dies, um höhere Renditen (Mieten) zu erreichen, oder als Eigentumswohnungen hohe Verkaufserlöse zu erzielen.
Mit diesem statistischen Koeffizienten, dem Gini-Index, lassen sich Vergleiche abbilden. Diese Methode wurde vom italienischen Statistiker Corrado Gini zur Darstellung von Ungleichverteilungen entwickelt.
Der Koeffizient für Eigentum an Grund und Boden ergibt für die Schweiz den Wert von 0.74 (Spanne von 0 = freie Bodenzuteilung bis 1.0 = alles Privateigentum).
Dieser Text entstand aus der Beschäftigung mit Rudolf Steiners Vorschlägen zur sogen. Sozialen Dreigliederung.
© Christoph Oling, Dornach 1985